New Work

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Digitalisierung und Paradigmenwechsel aufgrund neuer Generationen verändern die Anforderungen der Arbeitnehmenden an ihren Arbeitsplatz drastisch. Vorangetrieben durch die Corona-Pandemie wurden durch Virtualisierung, Flexibilisierung und Digitalisierung, Unternehmen, ihre Projekte und vor allem ihre Arbeitsweisen schlagartig auf den Kopf gestellt. Sowohl Unternehmen als auch Arbeitnehmende werden hieraus einen starken Erfahrungszuwachs hervorbringen, der die Arbeitswelt verändern wird. Ein Entstauben der klassischen Projektarbeit hin zu New Work Ansätzen ist daher aus Sicht vieler ExpertInnen unumgänglich geworden.

Als Unternehmensberatung mit über 20 Jahren Projekterfahrung hat uns interessiert, wie unsere Kunden und Projektpartner zu New Work stehen. Welche Erwartungen haben sie an das Projektmanagement und stimmen diese mit den Ansätzen von New Work überein? Inwieweit hat New Work überhaupt Einfluss auf das Projektmanagement? Welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich in der gemeinsamen Projektarbeit?

Aus diesem Grund haben wir eine Online-Umfrage durchgeführt und waren von der großen Resonanz und der Vielfalt der Antworten angenehm überrascht.

Zum Hintergrund: Wofür steht New Work?

Die Theorie von New Work ist, anders als der Name vermuten lässt, keineswegs neu, sondern wurde bereits vor über 50 Jahren von dem österreichisch-amerikanischen Sozialphilosophen Frithjof Bergmann entwickelt. Bergmann hatte sich zum Ziel gesetzt, den Kapitalismus auf andere Bahnen zu lenken und vor allem die klassische Lohnarbeit abzuschaffen. Er stellte die Folgen für Gesellschaft und Menschen aufgrund von Technisierung und Automatisierung in Frage. Der Austausch menschlicher Arbeitskräfte durch Maschinen und die Konsequenzen der Massenentlassungen waren für Bergmann ein Zeichen für einen dringend notwendigen Wandel in der Arbeitswelt. Menschen sollten nicht von der Arbeit eine Auszeit benötigen, sondern durch die Arbeit Kraft und Energie erlangen. Ziel war es, dass Arbeit die Menschen glücklich macht und sie zu eigenständigen, selbstbestimmten und freien Individuen entwickelt.

Diese Theorie gelang allerdings schnell in Vergessenheit und wird heute auf modifizierte Weise wiederbelebt. Dass die Idee erst ein halbes Jahrhundert nach ihrer Entstehung neu aufgerollt wird, ergibt sich aus der zunehmenden Globalisierung, Digitalisierung, Subjektivierung und Emanzipation. Aufgrund dieser Umwälzungen haben sich die Inhalte der Theorie gewandelt. Heute wird New Work durch vier große globale Themen angetrieben: Die Zunahme arbeitsbedingter physischer Erkrankungen, der Abnahme der Work-Life-Balance, der Neupositionierung des Menschen in der Wirtschaftswelt und dem Veralten der Managementmethoden.

Psychologische, soziale, technologische, organisatorische und politische Dimensionen müssen neu definiert werden. Ersteres beschreibt die Subjektivierung der Arbeit. New Work zielt darauf ab, dass sich jeder Einzelne in seiner Arbeit selbst verwirklichen kann. Die soziale Dimension definiert das verstärkte Bedürfnis nach Teamarbeit, umfänglicherer Entscheidungsbefugnis und wegfallender Hierarchiestrukturen. Durch Digitalisierung und Automatisierung wandeln sich technische Anforderungen und ermöglichen die organisatorischen Veränderungen. Um die New Work-Bewegung in der Gesellschaft etablieren zu können, bedarf es der Konzentration auf die Gestaltung sinnvoller Arbeit, die optimale Lösung der Entgrenzung für jedes Individuum und das Streben nach neuen Organisationsformen. Ziel ist das strukturelle und psychologische Empowerment der Mitarbeitenden.

Was bedeutet New Work für die Unternehmen?

Wie sich diese Anforderungen der New Work-Theorie in der Praxis äußern, ist nicht einheitlich und abschließend definiert. Grundsätzlich ist eine veränderte Mentalität zu erkennen. Es wandelt sich das Rollenverständnis in Form einer neuen Zusammenarbeit und Führung. New Leadership bedeutet, dass die Führungskräfte die Mitarbeitenden zu eigenständigem und verantwortungsvollem Arbeiten leiten und sie dementsprechend unterstützen. Sie werden Teil des Teams und übernehmen eine moderierende und koordinierende Rolle. Zusammengefasst sind sie Sinnstifter, Coach, Beteiligter, Ermächtigter, Vorbild und vor allem Personalentwickler.

Die Funktionen Entscheidungsbefugnis, Verantwortung und Aufgabenkoordination wandeln sich zu reiner Betreuung und Unterstützung der Mitarbeitenden auf ihrem Weg zu selbstständigen und freien Menschen. Die Zusammenarbeit basiert auf Vertrauen anstatt Kontrolle, auf einer offenen Fehlerkultur und einer Kommunikation auf Augenhöhe. Diese Entwicklung ist mit dem Auflösen klassischer Hierarchien, Arbeitszeitautonomie im Sinne von Vertrauensarbeit und Arbeitsortautonomie, beispielsweise Homeoffice verbunden. Darüber hinaus sollten teilautonome Gruppen und Qualitätszirkel etabliert werden. In diesem Zusammenhang kann ein betriebliches Vorschlagswesen eingerichtet werden. Eine moderne Maßnahme kann das Arbeiten in dynamischen Netzwerken sein.

Aus diesen Erkenntnissen resultiert die Notwendigkeit zum Einsatz digitaler Technologien und einer Umgestaltung der Organisation. Unter anderem kann die hierarchiefreie Raumgestaltung das psychologische Empowerment und vor allem die Zusammenarbeit im Team vorantreiben. Hierzu eignen sich Open-Space-Büros. Anstatt der klassischen Büroräume werden Kreativräume, Gruppenbesprechungsräume oder Lounge-Bereiche eingerichtet. Diese fördern den Kontakt und die Kommunikation der ganzen Unternehmung sowie der Projektteams. Die Mitarbeitenden können ihre Arbeitsumgebung selbst wählen. Für eine ruhige Arbeitsumgebung sind in derartigen Raumkonzepten Rückzugsräume vorhanden.

Wir haben unsere Kunden und Projektpartner gefragt:

  • Nach welchen Entwicklungen wird wirklich gestrebt?
  • Welche Entwicklungen sind mit Bedenken verbunden?
  • Wie kann sich das Projektmanagement verbessern?

Der Umfrage zufolge haben neben den sozialen und fachlichen Kompetenzen insbesondere die Unternehmenshierarchien den größten Einfluss auf die Projektarbeit. Über die Hälfte der Befragten geben an, dass sich die Projektarbeit durch hierarchiefreies Arbeiten verbessert. Aufgrund dessen können sich über 80 Prozent hierarchiefreie Projektarbeit vorstellen. Zwischen den Aussagen der Befragten unterschiedlicher Unternehmenshierarchien sind dabei keine Auffälligkeiten festzustellen.

Das sich wandelnde Rollenverständnis betrifft primär die Akzeptanz der neuen Rolle der Projektleitung und des Projektteams. 75 Prozent der ProjekleiterInnen würden im Sinne eines eigenständigen Projektteams ihren Titel und ihre Position aufgeben. Bedenken werden dahingehend geäußert, dass es ohne personifizierte Projektleitung an Steuerung, Entscheidungsstärke und Verantwortungsbewusstsein fehlt. Die Tätigkeiten der Projektleitung richten sich aktuell lediglich bei der Hälfte der Befragten auf die Unterstützung und Optimierung des Projektteams aus. Über die Hälfte der befragten ProjektleiterInnen sind zum Zeitpunkt der Befragung nicht unmittelbar davon überzeugt, dass die Projektmitglieder über ausreichend Kompetenzen für selbständiges Arbeiten verfügen. Dies wird besonders durch die befragten ProjektleiterInnen der unteren Unternehmenshierarchien angemerkt. Das eigenständige Arbeiten können sich jedoch über 80 Prozent der Projektmitglieder vorstellen. Diese äußern allerdings ähnliche Bedenken wie die Projektleitung im Hinblick auf fehlende Verantwortungs- und Entscheidungsträger. Außerdem können sie sich die Projektarbeit ohne eine Projektleitung nicht vorstellen.

Die Ergebnisse der Umfrage machen deutlich, dass vor allem hierarchiefreie Arbeit und digitale Kommunikation die Projektarbeit verbessern. Während flexible Arbeitszeiten und Homeoffice weiterhin umstritten sind, wird deutlich, dass durch zunehmende Kommunikation in einem abteilungsübergreifenden Projektteam das Wissen im Projekt gebündelt wird und sich das Wissensniveau erhöht.

Diese Chancen können sich allerdings nur unter der Voraussetzung der Etablierung des entsprechenden Mindsets bei Mitarbeitenden und Führungskräften sowie dem Wandel der Organisationsstrukturen entwickeln. Das Mindset umfasst das Akzeptieren und Leben der gewandelten Rollen und Tätigkeiten. Den Ergebnissen der Forschung zufolge sind hier die größten Widerstände zu erkennen.

Ausblick

Mit der Veränderung des Führungsverständnisses, die der Wandel von einer analogen hin zu einer digitalen Unternehmenskultur mit sich bringt, wird sich unser nächster DKUB-Stichpunkt beschäftigen.

Seien Sie gespannt!